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Sonntag, April 09, 2006

Kulinarische Notizen

„Tripes a la niçoise“ oder

„Sch... am Stock ist auch ein Bukett“

In Frankreich, in Italien und auch in Deutschland: Feinschmecker sind hin und weg wenn sie sie bekommen können – natürlich richtig zubereitet. Wie man dies macht, hat Wolfram Siebeck, einer der bedeutendsten Restaurantkritiker Deutschlands, in seinem Buch „Eine Prise Süden“ anschaulich beschrieben. Von was ist hier die Rede? Von „Tripes“, „Trippa“ oder auf gut Deutsch: Kutteln, Kaldaunen, auch Pansen genannt.


Die größte Verbreitung in unseren Landen findet diese „Köstlichkeit“ in Konserven, nämlich in Hundefutter! Feinschmecker aber essen sie immer wieder gern. In Frankreich, Italien, der Schweiz und auch im Süden Deutschlands. Ich wollte es nun genau wissen: Was macht diese schon optische Katastrophe zu einem kulinarischen Leckerbissen? Also bereitete ich sie zu, wie von Herrn Siebeck beschrieben (als „Trippa a la Bolognese“ kannte ich sie schon, sie haben mir auch so nicht geschmeckt!). Kutteln oder Pansen können Sie heute in jeder gut sortierten Fleischerei kaufen oder zumindest bestellen. In der Regel ist dieser erste, der Labmagen vom Rind, in dem die pflanzliche Nahrung des Rinds bakteriell zersetzt wird, schon gewaschen und vorgekocht, Gott sei Dank! Aber auch in diesem vorbehandelten Zustand sieht er nicht besonders schön aus und das Schlimmste: er stinkt, und zwar nach Kuhscheiße! Entschuldigen Sie diese verbale Entgleisung, aber zu diesem Geruch fällt einem nichts anderes ein (Kuh-AA oder Rinderkot treffen es hier nicht). Also nochmals unter viel fließendem Wasser waschen. Habe ich gemacht, der Geruch hat sich aber nicht wesentlich verändert. Hier hilft nur eins, Nase zu und durch. Der Pansen wird nun in 0,5 cm breite und ca. 5 cm lange Streifen geschnitten, und zwar nur die möglichst weißen und dünnen Stücke verwenden. Den Rest – also ich habe einen Hund. Mein Schneidebrett, aus Holz versteht sich, riecht, trotz intensiver Reinigung, immer noch, als hätte es den Sommer über auf einer Kuhwiese zugebracht.
Die Kutteln werden nun in einer großen und flachen Kasserole, es geht auch eine hohe Pfanne, zu der allerdings ein Deckel vorhanden sein muss, in Olivenöl angebraten und großzügig mit Pfeffer und Salz gewürzt. Dazu kommen gehackte Knoblauchzehen, reichlich Thymian und gewürfelte, entkernte und gehäutete Tomate sowie einige entkernte und halbierte grüne Oliven. Das Ganze wird mit einem Säure betonten Weißwein aufgegossen bis die Kutteln knapp bedeckt sind, Deckel drauf und 1,5 Std. köcheln lassen. In meiner Küche riecht es mittlerweile wie eine Mischung aus Knoblauch, Wein und – Kuhscheiße, immer noch. Kurz vor Ende der Garzeit kommen noch ein paar von den Tomatenwürfeln dazu, wegen der Optik. Abgeschmeckt wird mit Salz, Pfeffer, evtl. noch etwas Weißwein oder auch Zitronensaft, sollte der Wein nicht sauer genug sein (Meine Frau war es übrigens. Sauer meine ich, weil ich so einen Gestank in unserer Wohnung verbreitet habe.). Nun noch einen großzügigen Schuss gutes, kräftig fruchtiges Olivenöl unterrühren. Serviert wird das Feinschmecker-Gericht (für mich eher „Grobschmecker“) mit frisch gekochten Salzkartoffeln. Habe ich gemacht – als Amuse Gueule zu einem ansonsten sehr schönen kleinen Menü. Meine Gäste haben es sogar probiert. Sie haben seit dem nicht wieder angerufen.
Für jemanden, der den Geruch zu Anfang nicht mitbekommen hat, und der Innereien gerne mag (über die Kalbsnieren berichte ich ein anderes Mal, ich sage nur: Urin!), ist es wahrscheinlich wirklich eine Delikatesse. Aber diese, wie ausgefranste Regenwürmer aussehenden, in rosa Sauce schwimmenden Kaldaunen sind nichts für mich. Jedem anderen aber, der seine eigenen Erfahrungen machen möchte, sei das Buch von Siebeck und seine euphorischen Anmerkungen über diese Delikatesse empfohlen.
Ich darf keine Kutteln mehr kochen – sagt meine Frau.

Wolfram Siebeck, „Eine Prise Süden“ Das neue Kochseminar, Heyne-Verlag, ISBN 3-453-36003-6.